Achim Konrad, Jahrgang 1983, Sozialarbeiter und Sozialarbeitswissenschaftler, ist Koordinator für das NachbarschaftsNetzwerk Südstadt – einer Initiative des Hospizdienstes „Die Pusteblume“. Gemeinsam mit den Kolleg*innen und den vielen Ehrenamtler*innen hat er sich an die Arbeit gemacht. Sterben, Tod und Trauer sollen in der Südstadt zum Thema werden. Das bürgerschaftliche Engagement und die nachbarschaftliche Unterstützung gefördert werden. Ganz bald soll hier auch der Stadtteil mit seinen Bewohner*innen aktiv mit einbezogen werden.
Hier stellt sich Achim Konrad anhand einiger Fragen vor.
Was ist Ihre Aufgabe im Hospizdienst „Die Pusteblume“?
Ich habe zwei Aufgaben. Zunächst bin ich „Koordinator im Hospizdienst“ wie meine Kolleg*innen. Wir organisieren Sterbe- und Trauerbegleitungen, indem wir die ehrenamtlichen Hospizbegleiter*innen mit Menschen zusammenbringen, die Begleitung im Sterben oder in der Trauer benötigen. Ist der Kontakt hergestellt und die Begleitung hat begonnen, kommt uns die Aufgabe der fachlichen Aufsicht zu. Beratung, Informationsveranstaltungen und die Ausbildung der Hospizbegleiter*innen gehören auch zu unseren Aufgaben.
Über diese Tätigkeit hinaus bin ich für die Netzwerkarbeit in der Südstadt verantwortlich, das heißt im Moment noch, das Planen verschiedener Aktionen und die Kontaktaufnahme zu Kooperationspartner*innen.
Wo nun auch niedrigschwellige Angebote im Kontakt mit den Menschen der Südstadt wieder zunehmend möglich werden, freue ich mich besonders darauf, bald ganz nah am und im Stadtteil unterwegs zu sein.
Was verstehen Sie unter Netzwerkarbeit?
Netzwerkarbeit ist Arbeit an Netzwerken. Es geht immer darum Verbindungen und Verknüpfungen herzustellen – eben ein Netz zu knüpfen. Im Fall eines nachbarschaftlichen Netzwerks geht es darum, Menschen mit anderen Menschen zusammenzubringen. Organisationen miteinander in Kooperation zu bringen. Und all das mit einem Thema zu verbinden. Unser Thema ist die Begleitung Sterbender und Trauernder. Menschen und Organisationen hier in Zusammenarbeit zu bringen, das verstehe ich unter Netzwerkarbeit.
Können Sie einige Beispiele geben, was in Zukunft passieren wird?
Es wird nicht das eine große Ding geben. So unterschiedlich wie die Südstadt und die Menschen hier, werden auch unsere Wege in den Stadtteil sein. Ich kann einige Beispiele nennen:
Wir wollen dort präsent sein, wo sich das Leben abspielt, in den „Wohnzimmern des Stadtteils“, in den Kneipen und Cafés. Hier bei einem Kaffee oder einem Bier ansprechbar zu sein und z.B. erste Informationen zur Patientenverfügung oder dem Hospizdienst im Allgemeinen anzubieten ist eines unserer Ziele.
Aber z.B. auch Frisör*innen und Fußpfleger*innen über unsere Arbeit zu informieren und als Multiplikator*innen zu gewinnen, bringt unser Anliegen voran. Solche Berufsgruppen sind nah an den Menschen, sie kriegen mit, was die Menschen bewegt, wie es ihnen geht.
Ein ganz besonderes Anliegen ist mir die Mikroprojektförderung, die wir für 2022 geplant haben. Der Hospizdienst will sechs Projekte aus dem Stadtteil fördern, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Sterben, Tod und Trauer beschäftigen. Die Idee ist hier: am besten kennen sich wohl die Südstädler*innen selber in der Südstadt aus. Sie wissen, was es braucht und was hier funktioniert. Hier wollen wir Engagement fördern.
Ende September werden wir, so alles gut geht, eine Plakatwand gegenüber des NetzwerkCafés einweihen. Eine „Mit-Mach-Wand“, auf die geschrieben werden kann und soll. Die Pusteblume stellt eine Frage, die Menschen in der Südstadt können antworten.
Was ist Ihre Vision für die Netzwerkarbeit in der Südstadt?
Die große Vision ist eine Sorgende Gemeinschaft, die auch im Sterben und in der Trauer trägt.
Ich will da gar nicht groß drum rum reden: der Tod macht den meisten Menschen Angst, auch mir. Das ist vollkommen okay. Die Vision ist nicht, die Angst loszuwerden, die Vision ist, mutig zu werden. Wir wollen Mut machen. Mut, für Sterbende und deren Familien da zu sein. Mut, Trauernde nicht allein zu lassen. Mut aufeinander zuzugehen.
Wir wollen, dass in einigen Jahren kein Mensch in der Südstadt einsam versterben muss oder in der Trauer allein gelassen wird.